Was bedeutet eigentlich "Standortqualität" bei Hotels (Teil II)

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Während ich mich im ersten Teil zum Thema Standortqualität der Macrolage gewidmet habe (siehe Artikel hier), geht es in diesem Beitrag um die Erfolgsfaktoren für Hotels, die sich aus dem direkten Umfeld ergeben. Im Gegensatz zur Macrolage ist die Microlage deutlich individueller ausgeprägt und hat einen höheren Anteil zur Differenzierung des Hotels im Wettbewerb, wirkt sich aber auch wesentlich auf den Substanz- und den Ertragswert aus.

Unterschiedliche Lagevorteile bei Stadt- und Urlaubsdestinationen

Die Anforderungen an die Microlage unterscheiden sich zwischen Stadthotels und Ferienhotels fundamental. Eigentlich logisch, denn auch die Erwartungshaltung der Gäste und das Angebot des Hotels weisen hier große Unterschiede auf, ja liegen mitunter sogar diametral entgegengesetzt zueinander. Während in der Stadt Geschäftsreisende, Konferenzgäste und Städtetouristen beherbergt werden, sind es in Urlaubsdestinationen in erster Linie Erholungssuchende und Freizeitsportler. Zudem kann man davon ausgehen, dass bei Stadthotels die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Gast deutlich geringer ist als bei Ferienhotels.

Schnelle Erreichbarkeit zählt bei kurzem Aufenthalt

Bei Stadthotels zählen deshalb Faktoren wie die Verkehrsanbindung, also die Nähe zu Bahnhof oder Autobahn, vor allem aber die Nähe zu öffentlichen Nahverkehrsmitteln wie Bus, Straßenbahn, S- oder U-Bahn. Zu den besten Lagen gehört das Stadtzentrum, am besten die historische Altstadt. Vom Hotel aus sollte man in wenigen Minuten zu Fuß alle Sehenswürdigkeiten, aber auch Parks und Freizeiteinrichtungen erreichen. Nicht nur Touristen legen darauf Wert, sondern auch Geschäftsreisende, die nach einem anstrengenden Arbeitstag entsprechenden Ausgleich suchen. Für die letzteren zählt natürlich zusätzlich die Nähe zu den jeweils relevanten Geschäftspartnern, also die kurze Entfernung zum Geschäfts-, Kongress- oder Tagungszentrum. Trotz der guten Anbindung und einer gewissen Toleranz gegenüber der stadtüblichen Lärmbelastung sollte das Hotel nach Möglichkeit in einem ruhigen Umfeld liegen. Statt der Stadtautobahn vor Eingangstür wäre ein ruhiger Innenhof oder eine Fußgängerzone zu bevorzugen. Budget- oder Boutique-Hotels können sich dagegen in Szenevierteln der City-Randlagen oder in der Nähe zu belebten Hotspots befinden. Aber auch hier ist die ÖPNV-Anbindung wichtig.

Direkte Nähe zu Naturattraktionen als Werttreiber

In Ferienorten gehören die Hotels zu den gefragtesten und teuersten, die sich direkt an der Attraktion befinden, wegen der die Gäste Entspannung oder Ausgleich suchen. Bei Wintersport-Destinationen also direkt an Skipiste und Lift, bei Sommerdestinationen direkt am Meer oder See – idealerweise mit eigenem Strandabschnitt oder Badesteg.  Auch atemberaubende  (und selbstverständlich unverbaubare) Ausblicke auf die umgebende Natur heben den Wert und damit den Preis solcher Hotelliegenschaften. In mondänen Urlaubsorten mit langer Fremdenverkehrshistorie können dagegen auch Hotels in Ortsmitte hohe Preise erzielen. Hier tritt dann der gesellschaftliche Aspekt des "sehen und gesehen werden" in den Vordergrund. Aufgrund der Lage in der Natur, der kleineren Orte und wegen der längeren Aufenthaltsdauer spielt die direkte Verkehrsanbindung bei Feriendestinationen eine nur marginale Rolle. Für die beste Microlage im Bereich "Wintersport-Hotels" besuchen Sie bitte unsere Seite Destination Winter.

Und ein Hotel, das all die Microlage-Kriterien von Stadt- und Ferienhotel in sich vereint? Dass es so etwas nicht gibt, erkannte bereits Kurt Tucholsky 1927 in seinem Gedicht "Das Ideal". Auch wenn er sich dabei nicht auf Hotels, sondern auf private Wohnsitze bezog:
Ja, das möchste:

Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn –
aber abends zum Kino hast du's nicht weit.
Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit:


Gesamtes Gedicht: www.mumag.de/gedichte